Freitag, 24. September 2010

Endlich: Die Steuer auf Rufzeichen kommt

Ich werde in letzter Zeit von Rufzeichen verfolgt! Rufzeichen sind Appelle, denen keine konkrete Tat folgt. Oder Forderungen, die sich eigentlich an den Absender (meist ein Politiker) selbst richten. Oder prinzipiell jedweder Satz, der mit „man müßte“, „man sollte“ oder auch „jemand müßte“ oder „jemand sollte“ beginnt.

Man glaubt ja nicht, was man an einem Abend der Deutschen Handelskammer in Graz (neulich) alles an Rufzeichen hört. Man müßte die Bildung umbauen, man sollte den Politikern ins Stammbuch schreiben. Man hätte unbedingt irgendwas irgendwie machen getan haben sollen.
Oder was man diese Woche bei den Medientagen hört. Man müßte die Bildung reformieren, man sollte den Qualitätsjournalismus retten. Man müsste den Verlegern sagen. Und so weiter.

Wir setzen kein weiteres Rufzeichen in die Welt. Wir tun was. Das Gegenteil vom Rufzeichen ist nämlich die Tat.

Alsdann. Wir gründen den „Fonds Selbständiges Österreich“. Und dieser Fonds finanziert sich – Trommelwirbel – aus der Besteuerung von Rufzeichen!!!

Die Steuerklassen im Überblick:
• Rufzeichen-Industrielle wie etwa die Herren Leitl, Woltron, Faymann etc., zahlen eine Jahrespauschale von sagen wir 30.000 Euro

• Geredeschuppen (also alle Veranstaltungen, die vermittels Key Notes, Podiumsdiskussionen oder ähnliche Formate Rufzeichen produzieren), bis zu 20.000 Euro, je nach Teilnehmerzahl und einschlägigen Clippings

Rufzeichen-Wiederholungstäter (ein Musterbeispiel war Hirschmanns Mantra von der Abschaffung der Länder, also Menschen, die seit Jahren das gleiche fordern, aber eh nichts dafür tun), Jahresabo ab 5.000 Euro

Rufzeichen-Stammtische, so eine Art Straf-Mandate für die einmalige Verwendung von „man/jemand müßte“-Sätzen, von 20 bis 70 Euro

Wir finanzieren aus dieser Steuer Projekte, die sich der Selbständigkeit verschrieben haben. Versprochen. Die ersten Steuervorschreibungen ergehen in den nächsten Tagen. Selbstanzeigen sind willkommen. fch

Freitag, 17. September 2010

Rettet die Kinder! Gebt ihnen kein Taschengeld!

Als leidenschaftliche Beobachterin der TED-Talks bin ich neulich über dieses inspirierende Video gestolpert:



Der großartige amerikanische Unternehmer plaudert aus dem Nähkästchen seiner Kindererziehungs-Methoden und gibt hilfreiche Anleitungen. Zum Beispiel ist er überzeugt davon, dass Taschengeld zu falschen Gewohnheiten führt. Denn es lehrt Kinder die Erfahrung, regelmäßig gleichviel Geld zu erhalten. Unabhängig davon, ob sie viel oder wenig getan haben. Unternehmer hingegen erwarten sich keine regelmäßig gleich hohen Gehaltszahlungen. Kinder lernen durch Taschengeld jedoch, dass sie sich das erwarten dürfen. Cameron Herold sagt seinen Kindern Folgendes: „Geht im Haus herum, sucht nach Dingen, die getan werden könnten. Kommt zu mir und erklärt mir, was ihr gesehen habt. Und dann  verhandeln wir über den Preis, den ihr dafür bekommt.“ So lernen Kinder Arbeit zu sehen, zu verhandeln und Lösungen zu finden. Und er empfiehlt noch mehr: Das Geld kommt in zwei Sparschweine: Die Hälfte in die Spielzeugkasse (damit können die Kinder tun, was sie wollen) und die andere Hälfte kommt in das tatsächliche Sparschwein. Alle sechs Monate wird zur Bank gegangen. Und einmal im Jahr kommt das ersparte Geld zu einem Broker - zwar sehr amerikanisch, aber wirkungsvoll.

Noch ein kleiner Tipp? „Lesen Sie nicht jede Nacht Gute-Nacht-Geschichten vor. Lassen Sie die Kinder jeden zweiten Abend eine Geschichte erzählen. Zur Inspiration können umliegende Gegenstände dienen. Das rote Fußballshirt, der graue Kuschelelefant, Mama‘s Laptop und noch Papa‘s Lieblings-Kochlöffel. Und nun gilt es, eine Geschichte aus diesen vier Gegenständen zu machen. Das fördert ihre Kreativität und sie lernen ad hoc zu reagieren. Oder veranstalten Sie Redewettbewerbe mit den Freunden Ihrer Kinder - auf den Geburtstagspartys beispielsweise. Oder lassen Sie die Kids kurze Sketche aufführen. Und wenn das Spielzeug im Kinderzimmer zuviel wird - lassen Sie es die Kinder verkaufen. Von Tür zu Tür gehen. Oder übers Internet. Den Preis schätzen, festlegen, das Produkt gut fotografieren.“

Als Kind glaubt man, alles zu schaffen, alles erreichen zu können. Versuchen wir es doch auch wieder einmal. je

Mittwoch, 15. September 2010

Brot und Spiele. Ein Gedanke zur Unselbständigkeit.

4. September 2010, Inntalautobahn, später Vormittag. Der „Ö3-Supersamstag" begleitet das Land der Autofahrer und Arbeitsmüden in den Rausch des Wochenendes. Vor mir liegen fünfhundert Kilometer Autobahn, mir fehlt die Kraft, abzudrehen und ich bin fest entschlossen, dieses eine Mal Katy Perry & Co. zu ertragen wie ein Mann.
Plötzlich, eine Offenbarung. „Für mehr als 30.000 Kids in Ostösterreich ist dies das letzte Wochenende in Freiheit. Am Montag beginnt die Schule!", verkündet der gut gelaunte Moderator. Musik ab, nächster Hit.
Verzeihen Sie die Unterbrechung, aber könnte ich das noch einmal haben?
Mein Sohn ist gerade zweieinhalb. Er darf also noch über drei Jahre in Freiheit leben. Irgendwo zwischen Kufstein und Rosenheim tut mir der Kleine auf einmal furchtbar leid. Weil ich ein schlechter Vater bin, der ihn zur Unwahrheit erziehen wollte. Der ihm zeigen wollte, dass Neugierde und Lernen schöne Dinge sind.
Ich gelobe, mich zu bessern. Ich werde dem Kleinen erzählen, wie schrecklich alles ist. Die Schule, die Arbeit, die Leistung. Und wenn er mir nicht glaubt, lasse ich ihn zur Strafe hundertmal schreiben:
Möge das Wochenende ewig währen. Das Leben ist ein Hit. ch